Kamps: „Meinen die wirklich mich?“

Im Sommer 1982 wechselt ein gerade 18 Jahre junger Torwart namens Uwe Kamps zu Borussia. Rückblick auf das erste von heute auf den Tag genau 40 Dienstjahren.

Zum Probetraining auf dem Mönchengladbacher Bökelberg wird der 17-jährige Uwe Kamps von Vater Toni gefahren. In der Kabine setzt sich das Torwarttalent vom BV 04 Düsseldorf erst einmal stumm in die Ecke und schaut sich bewundernd um: Da sitzen Spieler, die er nur aus der Sportschau kennt, Wolfram Wuttke, Frank Mill oder Borussias Torwart Nummer eins, Wolfgang Kleff. Mit Letzterem hat er dann auch auf dem Platz beim Torwarttraining am meisten zu tun, Konditionstrainer Karl-Heinz Drygalsky kümmert sich um die beiden und um Uli Sude. In der linken und der rechten Hand je einen Ball, schickt Drygalsky den Testspieler kreuz und quer von der linken in die rechte Ecke. Und als der 17-Jährige denkt: Jetzt noch zwei oder drei solcher Sprungbälle, und ich muss mich übergeben, sagt „Dryggi“: „Schluss für heute.“ Sechs Tage dauert das Probetraining, in dem Kamps seine Chance beim Schopfe packt und sich plötzlich in Vertragsgesprächen mit Manager Helmut Grashoff wiederfindet.

Es ist eine Szenerie, die Kamps beeindruckt und die er auch niemals vergessen wird: Grashoff, für Kamps von Anfang an eine Respektsperson, thront hinter seinem Schreibtisch und blickt Pfeife rauchend herab auf den jungen Torwart, der mit reichlich Herzklopfen auf einer durchgesessenen tiefen Couch Platz nehmen muss. „Das war geschickt inszeniert“, so Kamps, der zur Vertragsunterschrift seinen Vater mitbringen muss. Und das, was in dem Arbeitspapier steht, ist für den frisch mit der mittleren Reife ausgestatteten Realschüler stattlich: 2.500 Mark sind das Brutto-Grundgehalt, dazu kommt eine Jahresleistungsprämie von 25.000 Mark. Von einem der ersten Gehälter kauft er sich einen VW Scirocco, der Vater muss nun nicht mehr den Chauffeur spielen.

Erstes Spiel gegen Thor Waterschei

Die Ziele, die sich der Nachwuchstorwart setzt, sind fast schon bescheiden: Er will die beiden ersten Jahre bei Borussia nur so gut herumbekommen, dass er einen Anschlussvertrag erhält. „Das war alles ein paar Nummern größer als in Düsseldorf“, erinnert sich Kamps. „Gegen die alten Hasen bekam ich beim Fünf-gegen-Zwei, was ich vorher überhaupt nicht kannte, jeden Ball durch die Beine. Außerdem dachte ich bei jedem Waldlauf, ich muss sterben.“

Auch, als sich der Verein noch vor Saisonbeginn von Torwartlegende Wolfgang Kleff trennt, macht Kamps sich keine allzu großen Hoffnungen, dass seine Karriere nun frühzeitig durch die Decke geht. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Verantwortlichen dem jungen Kamps nach dem Fingerbruch von Stammkeeper Uli Sude nicht allein das Vertrauen schenken wollen. Der Verein verpflichtet für drei Monate den erfahrenen Keeper Paul Hesselbach, der dann auch in den ersten Spielen im Tor steht, Kamps ist in Sudes Abwesenheit die Nummer zwei. Und das ist auch okay für den Keeper. Mit 24, 25 Jahren, so sein Plan, will er Stammspieler sein.

Bevor die Saison beginnt, darf Kamps erstmals in einem Testspiel ran. Gegen den belgischen Klub Thor Waterschei gewinnt Borussia am 13. August 1982 4:2. Es dauert nicht lange bis zum nächsten Meilenstein in Kamps' Karriere.

Hesselbach ist am 12. März 1983 längst nicht mehr bei Borussia, dritter Torwart hinter Sude und Kamps ist Olavi Huttunen. Abwechselnd mit Kamps nimmt der junge Finne in den Bundesligaspielen auf der Bank Platz. In diesem Heimspiel gegen Arminia Bielefeld ist aber Kamps der Reservekeeper und muss mit ansehen, wie Torwart Uli Sude in der zweiten Hälfte verletzt auf dem Rasen liegen bleibt. Diagnose: Bänderriss im Oberarm. Es wird das Zeichen in Richtung Trainerbank gegeben: auswechseln. Kamps sieht das auch und denkt sich: „Meinen die wirklich mich?“ Er schnappt sich seine Torwarthandschuhe und läuft „mit einem sehr interessanten Gefühl in der Magengegend“ auf den Platz. Kamps macht keine Fehler und darf sich am Ende mit den Kollegen über einen 3:0-Sieg freuen - „danach war der Magen wieder in Ordnung“, so Kamps.

Bis zum Saisonende steht Kamps in insgesamt zwölf Bundesligaspielen auf dem Rasen und hilft mit, dass Borussia die Saison trotz zwischenzeitlicher Probleme auf Platz zwölf beendet. „Ich hatte mich auf eine längere Lehrzeit eingestellt“, bekennt der mittlerweile knapp 19-Jährige.

Sein Trainer bescheinigt ihm „tolle Reflexe auf der Linie“, aber auch Defizite in der Strafraumbeherrschung. Doch mindestens genauso viel scheint sich Jupp Heynckes am Typen Uwe Kamps zu reiben – und umgekehrt. Den Keeper regt die Pedanterie des Trainers auf, der zum Beispiel darauf achtet, ob die Spieler zu offiziellen Terminen Pullover vom Ausstatter tragen. Und der blond gesträhnte Frauenliebling mit dem Brilli im Ohr und dem BMW vor der Wohnung in Düsseldorf provoziert den ordnungsliebenden Coach allein schon durch seine Art.

Den Ohrring kann Heynckes seinem Spieler noch verbieten, bei der Frisur kommt es zum Knatsch: Als Kamps, damals noch ohne jedes Bundesligaspiel, mit wasserstoffblond gefärbten Haaren zum Training erscheint, sagt der Trainer: „Du gehst jetzt sofort wieder zum Friseur und guckst, dass das bis morgen weg ist.“ Es ist eigentlich ein Frisuren-Unfall, Kamps wollte nur Strähnen. „Da habe ich vielleicht einen Einlauf bekommen“, so Kamps. „Später saß ich mit Tränen in der Kabine. Das waren halt Lebenserfahrungen, die man machen musste.“ Als er einige Zeit später mit lila gefärbtem Haar zum Training kommt, muss sogar Heynckes kopfschüttelnd grinsen.

Foto oben: imago images 

Dieser Text ist ein Auszug aus dem 2014 im Werkstatt-Verlag erschienenen Borussia-Buch 11 Torhüter.

Uwe Kamps nach dem Gewinn des DFB-Pokals 1995.
Inzwischen ist Kamps „Head of Goalkeeping“ bei Borussia.

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