Das „Wunder von Wolfsburg“ jährt sich zum 25. Mal

Friedel Rausch wird am 1. April 1998 neuer Trainer von Borussia und bekommt den komplizierten Auftrag, den Traditionsverein vor dem ersten Abstieg der Vereinsgeschichte zu bewahren. Das darauf folgende „Wunder von Wolfsburg“ jährt sich heute zum 25. Mal. Ein Blick in Borussias Vergangenheit...

Es ist ein Zitat von Günter Netzer, das lange nachhallt: „Es bereitet mir fast körperliche Schmerzen zu sehen, was mit meinem früheren Verein passiert“, sagt der ehemalige Borussia-Star in einer Zeitungs-Kolumne. Borussia, noch 1995 strahlender DFB-Pokalsieger, liegt gut zweieinhalb Jahre später nicht nur sportlich am Boden, sondern ist überdies auch beinahe hoffnungslos verschuldet – und intern total zerstritten. Ob Stefan Effenberg gegen Hannes Bongartz, Karl-Heinz Drygalsky gegen Rolf Rüssmann oder Effenberg gegen Rüssmann – die auf Skandale lauernden Boulevardmedien werden durch permanente Streitereien zwischen Spieler und Trainer, Präsident und Manager oder Spieler und Manager traumwandlerisch zuverlässig beliefert.

Das vor der Saison von Trainer Hannes Bongartz ausgerufene Saisonziel („UEFA-Cup – in drei Jahren um den Titel mitspielen“) geht krachend in die Hose, weswegen der Fußballlehrer auch bald entlassen wird, als Borussia auf Platz 16 angekommen ist. Sein Nachfolger, VfL-Amateurtrainer Norbert Meier, muss nach nur zehn Spielen, von denen nur zwei gewonnen werden konnten, ebenfalls gehen. Borussia droht auseinanderzufallen und abzusteigen. Sechs Spiele vor Saisonende stellt der VfL den 58-jährigen Friedel Rausch (Foto oben: imago images) als neuen Coach vor. „Ein fast unmögliches Unterfangen“ nennt der Kicker die Mission Klassenerhalt. Drei Punkte sind in sechs Spielen sicherlich aufzuholen, aber die Stimmungslage am Bökelberg ist toxisch und hoffnungslos frustriert. „Die beste Taktik ist es, ein Tor mehr zu schießen als der Gegner“, übt sich Rausch in Floskeln. Aber was soll er auch sagen? Immerhin: Er kann bei seiner Antritts-Pressekonferenz erzählen, dass er auch den FC Schalke mal vor dem Abstieg gerettet hat. Das allerdings ist zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre her.

Das Schicksalsspiel

Am 34. Spieltag kommt es zum Schicksalsspiel, Borussias Fans vollziehen eine Sternfahrt nach Wolfsburg. Dank der Ergebnisse der vorigen Wochen können die Fohlen es noch schaffen. Aus allen Richtungen der Republik haben sie sich aufgemacht, um ihrer Mannschaft beizustehen. Vielleicht sind es 10.000 im und vor dem Stadion, vielleicht sogar mehr. Ganz sicher ist jeder, der es mit Borussia Mönchengladbach hält, an diesem Tag mit vollem Herzen dabei – ob in Wolfsburg, in den Mönchengladbacher Kneipen oder zuhause mit den Augen auf den Fernseher gerichtet.

„Wunder gibt es immer wieder“, steht auf einem der vielen bemalten Plakaten, die an diesem heißen Samstagmittag im Wolfsburger Stadion zu sehen sind, und die Stimmung auf den Rängen ist irgendwo zwischen Kreislauf- und Nervenzusammenbruch. Glücklicherweise färbt das nicht auf die Mannschaft ab. Sie spult dieses Spiel beeindruckend kühl und besonnen ab, führt durch Treffer von Effenberg und Wynhoff bereits in der ersten Hälfte 2:0 und lässt nichts anbrennen. Die Blicke gehen schnell nach Rostock. Dort muss der FC Hansa unbedingt gegen den Karlsruher SC gewinnen – ansonsten wäre Borussias Kraftakt umsonst gewesen. Und zum Glück drehen die Hanseaten das frühe 0:1 des KSC, das 2:1-Führungstor in der 44. Minute wird ein paar hundert Kilometer weiter in Wolfsburg unter den Borussen bejubelt wie ein eigener Treffer.

Zumindest schon mal auf der Blitztabelle verlässt Borussia erstmals seit dem 26. Spieltag die Abstiegsränge. Im zweiten Durchgang wächst mit jeder gespielten Minute die Gewissheit, dass Borussia den Vorsprung über die Zeit bringen wird. Die Stimmung im Fanblock löst sich nach und nach. Und als die Rostocker in der 67. und in der 73. das 3:1 und das 4:1 erzielen, ist die Entscheidung gefallen.

„Niemals zweite Liga“ schwappt orkanartig durchs Rund. Und nach dem Schlusspfiff gibt es einen Platzsturm der Fans, einen gelösten Trainer („Leck mich am Arsch, wir haben es geschafft“) und erneut Tränen der Spieler. Im Gegensatz zum 0:3 gegen Duisburg wenige Wochen zuvor sind es aber diesmal Freudentränen. „Das ist der schönste Tag, seit ich bei Borussia bin“, sagt Uwe Kamps, seit 16 Jahren im Verein. Friedel Rausch beschwört seine „Schicksalsgemeinschaft“, daheim in Mönchengladbach lässt Domprobst Edmund Erlemann die Glocken der Münsterkirche läuten – so, als wäre Borussia gerade Deutscher Meister geworden. Dabei gab es nicht mehr, aber auch nicht weniger zu feiern als die Last-Minute-Rettung. Was für ein Parforce-Ritt unter Friedel Rausch. Oder, um es mit der Süddeutschen Zeitung zu sagen: „Sechs Spiele genügen zur Reanimation.“

Dies ist eine gekürzte Fassung aus einem in der 84. Ausgabe des „FohlenEcho – Das Magazin“ erschienenen Textes. Ihr wollt auch regelmäßig Borussias exklusives Mitgliedermagazin im Briefkasten haben? Dann macht euch Borussia!

Noch mehr zum „Wunder von Wolfsburg“ erfahrt ihr auch im „FohlenPodcast - Histörchen“ #17. Hört jetzt rein! 🎧

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