Ein Vorbild an Zähigkeit – Heinz Wittmann wird 80!

Heinz Wittmann hat in siebeneinhalb Jahren bei Borussia 139 Pflichtspiele für den VfL bestritten und zwei Deutsche Meisterschaften gewonnen. Am heutigen 12. September wird der Verteidiger 80 Jahre alt. Die Fohlen wünschen auf diesem Wege alles Gute!

Borussia ist im Frühjahr 1965 gerade in die Bundesliga aufgestiegen, und Trainer Hennes Weisweiler auf der Suche nach Verstärkungen. Offensiv sieht er sein Team gerüstet, haben die jungen Wilden, die als Fohlen Furore machen, doch 92 Tore in der Regionalliga und noch einmal 17 in den sechs Partien der Aufstiegsrunde geschossen. Doch Weisweiler weiß auch, dass es in der höchsten deutschen Spielklasse nicht mehr einzig mit Hurra-Fußball gehen wird. Den einen Verteidiger findet er direkt vor der Haustür. Aus Büttgen kommt der 18-jährige Hans-Hubert Vogts. Für den anderen erhält er einen Tipp von Udo Lattek, der Mitte der 60er-Jahre gemeinsam mit Dettmar Cramer die deutsche Junioren-Nationalmannschaft coacht. „Ich habe da einen“, sagt Lattek. „Tief, tief unten im Bayerischen Wald.“

Heinz Wittmann spielt damals für den SC Zwiesel in der Landesliga und hat soeben mit der Bayerischen Verbandsauswahl den Länderpokal der Amateure gewonnen. Der Verteidiger steht kurz vor einer Unterschrift bei der SpVgg Platting, als Drittligist zu diesem Zeitpunkt der höchstspielende Klub Niederbayerns. Doch dann kommt eben das Angebot aus dem 700 Kilometer entfernten Mönchengladbach. „Als Zwieseler war selbst München recht weit weg. Damals besaß ja kaum jemand ein eigenes Auto“, erzählt Wittmann. „Hier unten wusste kaum einer, wo Mönchengladbach überhaupt liegt.“

„Unschlagbar im Tackling“

Doch Wittmann freut sich auf das Abenteuer Niederrhein. Schnell zeigt sich: Der Tipp von Lattek war Gold wert, die weite Anreise Weisweilers hat sich gelohnt. Denn Wittmann hat kaum Anlaufschwierigkeiten in der neuen sportlichen Heimat. Schon früh wird der Verteidiger in den regelmäßigen Trainingsspielen in die erste Mannschaft zu Günter Netzer gesteckt.

Wittmann besticht durch enormen Ehrgeiz und Fleiß. Schnell hat er eine Verbindung zu Verteidigerkollege Berti Vogts. Gemeinsam schieben sie nach dem regulären Training Extraschichten, um beispielsweise an ihrer Schnelligkeit zu arbeiten. Der Lohn: Im ersten Bundesligaspiel der VfL-Historie, am 14. August 1965 bei Borussia Neunkirchen, stehen beide Neuzugänge gleich in der Startelf. Die neu formierte Abwehr aus Vogts und Wittmann wird in der Presse hoch gelobt.

Und Wittmann bleibt absolute Stammbesetzung, nicht nur in seiner ersten Saison am Niederrhein. Von 1965 bis 1968 verpasst der Abwehrrecke lediglich sechs Ligaspiele.  Der Bayer ist „ein Muster an Zuverlässigkeit und fast unschlagbar im Tackling“, wie das FohlenEcho schreibt. Borussia wird zunächst Dreizehnter, dann Achter, schließlich Dritter der Bundesliga. Gemeinsam mit dem Klub gewinnt auch Wittmann an Erfahrung und befindet sich Ende der Sechzigerjahre in absoluter Top-Form. Der 25-Jährige hat soeben von Bundestrainer Helmut Schön eine Einladung zu einem Grundlehrgang der deutschen Nationalmannschaft erhalten. Dann kommt der 14. September 1968.

Ein verhängnisvoller Zweikampf

Die FohlenElf tritt auswärts bei Hannover 96 an, Wittmann läuft auf der linken Abwehrseite auf. In der 26. Minute unterbricht beim Stand von 1:1 „ein misstönendes, bis hinauf zu den Tribünen hörbares Knacken die Partie“ (Sport-Beobachter), nachdem der Verteidiger mit Jupp Heynckes, der inzwischen auf Seiten der Niedersachsen auf Torejagd geht, zusammengeprallt ist. „Ich habe den Ball springen sehen und wollte ihn in einer brenzligen Situation klären“, erzählt Wittmann. „Jupp wollte natürlich auch zum Ball. Es war ein unglücklicher Zweikampf. Da kann keiner etwas dafür“, nimmt er seinen ehemaligen Mannschaftskameraden in Schutz.

Wittmann wird vom Feld sofort ins Friederiken-Stift in Hannover eingeliefert. Die Diagnose, nur zwei Tage nach seinem 25. Geburtstag, ist niederschmetternd: „Glatter Bruch von Schienbein und Wadenbein in der Mitte des mittleren Drittels.“ Der behandelnde Arzt Prof. Düben lobt zwar den Patienten als „hart im Nehmen“, der 3:2-Erfolg in der niedersächsischen Landeshauptstadt ist dennoch „teuer erkauft“, wie Rheinische Post und Westdeutsche Zeitung konstatieren.

Mindestens fünf Monate Pause bedeute die Verletzung, mutmaßt die RP – und erfasst damit nicht einmal annähernd die Dimensionen. Die gesamte Saison 1968/69 ist für Wittmann gelaufen und auch im Folgejahr 1969/70 wird der Bajuware keine Minute auflaufen. Der Abwehrrecke kämpft sich durch die Reha und lässt sich auch von Rückschlägen nicht verunsichern. „Ich habe nie ans Aufhören gedacht. Es hat zwar lange gedauert, aber ich wusste, dass ich es irgendwann schaffe.“

Im Februar 1970 – 17 Monate ist Wittmann da schon bei der Berufsgenossenschaft als Sportinvalide arbeitsunfähig geschrieben – steht er erstmals wieder im Kader der FohlenElf. Die befindet sich allerdings gerade auf dem Weg zum ersten Meistertitel. Das Team ist eingespielt, und für Trainer Weisweiler gibt es keinen Grund, seine erste Elf zu verändern. Wittmann muss weiter Geduld haben. Es dauert weitere sechs Monate, ehe er am 22. August 1970, am zweiten Spieltag der Saison 1970/71, sein Comeback feiert. Nach fast zweijähriger Verletzungspause wechselt Weisweiler den Verteidiger für Hartwig Bleidick beim Auswärtsspiel beim Hamburger SV erstmals wieder in der Bundesliga ein. Wittmann ist am Ziel: „Mein Ehrgeiz wurde bestätigt.“

Das FohlenEcho spendet seine Hochachtung: „Energie und beispiellose Zähigkeit von Heinz Wittmann haben dieses halbe Wunder über die lange Pause in den besten Sportjahren zuwege gebracht.“ Bis zum 21. Spieltag ist der inzwischen 27-Jährige wieder fester Bestandteil der Defensive, dann muss er einen erneuten Rückschlag verkraften.

Rückkehr in die Heimat

Bei einem Freundschaftsspiel in Marseille im Februar 1971 muss Wittmann zur Halbzeit verletzt ausgewechselt werden. „Das war der Anfang vom Ende“, erzählt der Verteidiger heute. Chronische Schmerzen im Knie machen ihm zu schaffen. Wittmann kommt nicht mehr an einer Operation am Meniskus vorbei. Sein Coach ist sich aufgrund der Zähigkeit seines Verteidigers sicher: „Der Heinz kommt bald wieder.“ Doch diesmal wird er sich irren.

Nur noch ein einziges Mal wird Heinz Wittmann für Borussia in der Bundesliga auflaufen. 16 Monate nach seinem letzten Ligaspiel wechselt ihn Weisweiler am 33. Spieltag der Saison 1971/72 gegen Rot-Weiß Oberhausen für die letzten acht Minuten ein. Es ist ein Abschiedsgeschenk. Als Wittmann im Dezember 1972 noch einmal am Knie operiert wird, geht es schon nicht mehr um die Fortführung der Profi-Karriere, sondern darum, die Funktionsfähigkeit des Knies wieder herzustellen. „Mit 29 Jahren denkt man noch nicht ans Karriereende. Aber ich musste es akzeptieren.“

Nach siebeneinhalb Jahren beim VfL und dem Gewinn zweier Deutscher Meisterschaften kehrt Wittmann schließlich in seine bayerische Heimat zurück. Der Zeitpunkt zumindest ist günstig, ist in Zwiesel doch gerade das Zweifamilienhaus der Wittmanns fertiggestellt worden. Einige Jahre betreiben sie dort eine Pension und bekommen auch immer wieder Besuch aus dem Rheinland. Mit alten Bekannten wie Berti Vogts und Herbert Laumen wird dann in Erinnerungen geschwelgt. Und mit Jupp Heynckes ist Wittmann trotz des verhängnisvollen Zweikampfs im September 1968 bis heute gut befreundet.  

Dieser Text ist ein Auszug aus einem Artikel, der in der 86. Ausgabe des „FohlenEcho – Das Magazin“ erschienen ist. Ihr wollt auch regelmäßig Borussias exklusives Mitgliedermagazin im Briefkasten haben? Dann macht euch Borussia!

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