Tor für die Ewigkeit: Milder stößt die Tür zur Bundesliga auf

Egon Milders 1:0 im Aufstiegsrundenspiel 1965 gegen Holstein Kiel öffnet die Tür zur Bundesliga – und gehört deshalb zu den elf Treffern der aktuellen FohlenWelt-Sonderausstellung „Tore für die Ewigkeit“.

Manchmal sind Tore am schönsten, wenn niemand mehr mit ihnen rechnet. Ein solches Tor schießt Egon Milder am 5. Juni 1965 in der Nachspielzeit des Aufstiegsrundenspiels Borussias gegen Holstein Kiel im Mönchengladbacher Bökelbergstadion. In letzter Minute. Nein, in letzter Sekunde. Das einzige Tor in diesem Spiel. 1:0 gewonnen.

Es ist ein Tor, das 36.000 Menschen in Ekstase versetzt. Der Jubel kennt keine Grenzen, es fließen Freudentränen angesichts der plötzlich greifbar gewordenen Hoffnung, dass es Borussia tatsächlich schaffen kann, diese Aufstiegsrundengruppe als Erster zu beenden und sich einen Platz in der Bundesliga zu verdienen. Irgendwie passt es zum Verlauf des Spiels und zu diesem Tor, dass es einer erzielt, der eigentlich Tore verhindert. Keiner von denen, die sonst wie am Fließband für Borussia treffen, sondern Egon Milder. Ein 23 Jahre alter Defensivspieler, der Borussias Abwehr ordnet.

Eins nach dem anderen: Nachdem Borussia vom DFB bei der Gründung der Bundesliga im Jahre 1963 nicht berücksichtigt worden war, gelingt Trainer Hennes Weisweiler 1965 der Gewinn der „Westdeutschen Meisterschaft“, und damit die Qualifikation zur Aufstiegsrunde für die Bundesliga. Am zweiten Spieltag kommt Holstein Kiel an den Bökelberg. Vorfreude und Anspannung sind groß an diesem Pfingstsamstag, den 5. Juni 1965. Nur das Wetter spielt nicht mit. Der Rasen ist triefnass und tief, nicht unbedingt ein Vorteil für die spielstärkere Mannschaft. Borussia tut sich schwer.

Es ist ein Ringen und ein Rennen, ein „mäßiges Schauspiel“, wie die Rheinische Post titeln wird. Aber dann kommt die letzte Sekunde der 92. Minute. Zwei Minuten Nachspielzeit hat Schiedsrichter Günter Sparing angekündigt, und diese beiden Minuten verlaufen wie die 90 vorher. Zehn Sekunden sind noch offen, als es einen letzten Freistoß gibt.

Netzer bringt das Leder mit dem rechten Fuß butterweich in der Mitte, wo sich Milder einen halben Meter Platz von seinem Bewacher Gerd Koll verschafft hat. Er steht in der Luft, versetzt dem Ball einen vorbildlichen Kopfstoß, die Kugel fliegt Richtung des linken Torecks, springt nochmal auf und dann weiter Richtung Netz. Tor! Das 1:0. Sofort danach ist Schluss. Auf dem Rasen treffen sich die Spieler in den weißen Trikots zu wildem Jubel, selbst Trainer Weisweiler stürmt jubelnd dazu, so groß ist die Erleichterung.

1963 ist Milder, der gelernter Vermessungstechniker ist, vom VfL Bochum zu Borussia gekommen. Der 1,83 Meter große „Modellathlet“ ähnelt als Spielertyp Günter Netzer, und weil der etwas offensivstärker ist, schult Weisweiler Milder vom Mittelfeldlenker zum Abwehrchef um. In dieser Rolle und zeitweise als Mannschaftskapitän, gehört Milder zu den Borussia-Säulen der ersten Bundesliga-Jahre. Und wird mit diesem Kopfball-Treffer in allerletzter Minute zu einem der Aufstiegshelden des VfL.

Dieser Text ist eine gekürzte Version aus dem Magazin „Tore für die Ewigkeit“, das für 14,95 € online und in allen FohlenShops erhältlich ist. Die gleichnamige FohlenWelt-Sonderausstellung ist aktuell in Borussias interaktivem Vereinsmuseum zu sehen.

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Egon Milders Treffer ist eines von elf „Toren für die Ewigkeit“ in der FohlenWelt. Foto: Borussia

12.12.2023