Weigl: „Ich fühle mich aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen“

Im neuen „FohlenEcho – Das Magazin“ erklärt Mittelfeldspieler Julian Weigl unter anderem, wer ihn beeinflusst hat auf seinem Weg zum Fußballer, der er heute ist.

Es gibt Fußballer, die werden über die gesamte Länge ihrer Karriere immer und immer wieder mit ein und derselben Geschichte konfrontiert. Beim einen ist es ein Knock-out im WM-Finale, beim anderen eine Selbsteinwechslung im Pokal-Endspiel – und bei Julian Weigl ist es ein Bundesliga-Rekord: Seit Ermittlung der Daten (und vermutlich auch davor) hat kein Spieler so viele Ballkontakte in einem Spiel gehabt wie er. So oft gefragt worden, so oft erzählt: Samstag, 14. Mai 2016, Borussia Dortmund gegen den 1. FC Köln. Im BVB-Mittelfeld scheint ein 20-Jähriger die Bälle magisch anzuziehen und kommt auf, ja auf wie viele Ballkontakte eigentlich?

„Das ist schon kurios“, sagt Weigl knapp sechseinhalb Jahre später in einer Loge im BORUSSIA-PARK. „Ich werde in so vielen Interviews darauf angesprochen und dabei immer wieder mit einer anderen Zahl konfrontiert. Mal heißt es, es seien 214 Ballkontakte gewesen, dann 218, letztens hat mal einer 211 gesagt.“ Welche Zahl man auch nimmt (laut offiziellem Datencenter der DFL waren es 216): Sie ist beeindruckend, erst recht, wenn man berücksichtigt, dass Weigl an diesem Nachmittag sieben Minuten vor Schluss ausgewechselt wurde. Und: Sie ist kein Zufallsprodukt, sondern beschreibt vielmehr die Art und Weise, wie der 27-Jährige Fußball spielt. Ein ballbesitzorientierter Fußball, der wie die Faust aufs Auge darauf passt, wie Daniel Farke bei Borussia Mönchengladbach spielen lassen möchte. 

Julian, nervt es dich eigentlich, dass du immer und immer wieder auf diesen Rekord angesprochen wirst – meist mit dem Zusatz, dass du eine „Passmaschine“ seist?

Weigl: Nein, das ist natürlich okay. Ist doch besser, als wenn die Leute mich Fehlpass-Maschine nennen würden. 

Es erstaunt ein wenig, dass du zum Zeitpunkt deines Rekords gerade einmal 20 Jahre jung warst. Woher hast du in jungen Jahren das Selbstbewusstsein gezogen, so dominant und selbstbewusst in einem Spitzenteam wie dem BVB aufzutreten?

Weigl: Vom Gefühl her war der Schritt zu einer fußballerisch so starken und personell so gut besetzten Mannschaft ein wenig zu groß. Und der Fußball, der bei meinem vorherigen Klub 1860 München gespielt wurde, war eher vom Kampf geprägt. Grundsätzlich war ich aber immer schon ein Spieler mit sicherem Passspiel und einem guten Gefühl für die jeweilige Spielsituation. Und es war so, dass mir Dortmunds Trainer Thomas Tuchel immer wieder das Gefühl gegeben hat, dass er davon überzeugt ist, dass ich der richtige Spieler für den ballbesitzorientierten Fußball bin, den er spielen lassen will. 

Wir möchten in diesem Gespräch gerne mit dir über Personen und Situationen reden, die dich beeinflusst haben. Würdest du also sagen, dass er der Trainer ist, der dich am meisten geprägt hat?

Weigl: Ja, auch wenn man grundsätzlich von jedem Trainer etwas für sich mitnimmt. Aber unter Thomas hat sich mein Spiel enorm verändert. In seinem System kamen meine Stärken sehr zum Tragen. Er hat mir taktisch viel mit auf den Weg gegeben und mich sehr gefordert. Er hat mir erklärt, wie er mich sieht, wo meine Stärken liegen und ich mich noch weiterentwickeln muss. Und er hatte gleichzeitig auch den Mut, in einem so großen Klub und einem so guten Team direkt auf mich, einen 19-Jährigen, zu bauen, und das auf einer zentralen Position.

Spielte denn jetzt auch Daniel Farke eine Rolle, als du dich zu deiner Leihe zu Borussia entschieden hast?

Weigl: Absolut. Ich kenne ihn und seine Arbeit ja schon länger: Als ich beim BVB war, hat er dort die U23 trainiert. Und da habe ich damals nach einer längeren Verletzungspause mal ein Spiel unter ihm bestritten. Da habe ich schnell gemerkt, was er für ein Typ ist, wie er arbeitet, was er von seinen Spielern verlangt – und welchen Fußball er spielen lassen will. Ich bin kein Fußball-Junkie, der alles schaut. Vor allem, seit meine Tochter auf der Welt ist. Aber natürlich verfolge ich Weggefährten von mir, so auch Daniel, dessen Weg ich immer verfolgt habe. Da habe ich mir schon einige Spiele angeschaut und seine fußballerische Philosophie sehr genau herausgelesen. Ich kannte also einige Ideen von ihm und wusste: das passt. Und als der Kontakt zu Borussia da war, habe ich gedacht: Die Mischung aus Verein, Trainer und mir als Spieler, das könnte gut klappen. Diese Aussicht und dass Daniel mir in den wirklich fesselnden Telefonaten das Gefühl gegeben hat, dass er mich unbedingt haben will, haben dafür gesorgt, dass ich für diesen Wechsel total gebrannt habe.

Und dennoch sprechen wir hier „nur“ von eine Ausleihe.

Weigl: Ich bin jemand, der sich im Grunde nach Kontinuität sehnt und der nicht in dem einen Jahr bei einem Klub spielen möchte und im Jahr danach bei einem anderem. Ich habe mich also ganz bewusst zu diesem Wechsel entschieden. Ich habe mir schnell gedacht, dass ich mich hier wohlfühlen und mir natürlich auch vorstellen könnte, länger zu bleiben. Sonst wäre ich jetzt nicht hier. Was darüber hinaus passiert, werden wir sehen, und das entscheide ich ja auch nicht alleine. 

Man hat bei dir das Gefühl, dass du schon viel länger hier bist als ein paar Monate. Empfindest du das auch so?

Weigl: Tatsächlich, und das habe ich direkt nach meiner ersten Woche hier gesagt. Das hat sich hier nie so angefühlt, als wäre ich erst ein paar Tage da. Ich bin in der Mannschaft total schnell angekommen. Mit den Jungs war es gleich ein offenes Verhältnis, da hat es natürlich geholfen, dass man einige von der Nationalelf oder vom BVB kannte. Aber dass ich bei dem Verein etwas fühlen werde, wusste ich schon, als ich hierhergekommen bin. Ich fand Borussia als Verein immer geil. Von den Jungs, die ich kenne und die mal für Gladbach gespielt haben, habe ich viel Gutes gehört, und das hat sich in den ersten Tagen komplett bestätigt. 

Wie nimmst du Borussia Mönchengladbach wahr?

Weigl: Ich habe immer gesehen, dass der Verein für Werte einsteht, mit denen ich mich auch zu 100 Prozent identifizieren kann. Außerdem gefällt mir der klassische „Borussia-Fußball“, der hier gespielt wird. Klar, ist das auch immer abhängig von einem Trainer und es gibt Jahre, in denen ein anderer Stil vorherrscht. Aber mit Borussia habe ich immer einen Fußball verbunden, der mir gefällt: viel Ballbesitz, sehenswert und spielfreudig. Das ganze Drumherum passt, die Stimmung im Stadion mochte ich schon immer, auch wenn ich hier als Gegner gespielt habe. Ich hatte immer das Gefühl, es ist ein familiärer Klub. Es gibt hier viele Menschen, die schon 30, 40 Jahre im Klub arbeiten, ob festangestellt oder ehrenamtlich. Egal ob rund um die Mannschaft, als Ordner oder als Waschfrau. Diese Warmherzigkeit hier im Klub gefällt mir sehr.

Dieser Text ist ein Auszug aus einem Interview im aktuellen „FohlenEcho – Das Magazin“. Du willst regelmäßig das exklusive VfL-Mitgliedermagazin im Briefkasten haben? Dann macht euch Borussia!

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